Johannes Lippmann, der bereits zu Lebzeiten als Maler des Odenwaldes bezeichnet wurde, gehört zu den Malern, die bislang im Schatten der berühmten Impressionisten und Expressionisten wenig Beachtung fanden. Dies war zu Lebzeiten anders. Mit seiner Kunst stand er weiten Teilen der Bevölkerung näher als seine heute bekannten Zeitgenossen. Seine Kunst wurde von mittel- bis kleinbürgerlichen Käufern erworben. Dies zeigt die Gedächtnisausstellung anlässlich seines Todes 1935 mit über 125 Gemälden und Pastellen sowie zahlreichen Studien aus Privatbesitz.
Mit seinen Einstellungen war Lippmann der Lebensreform verbunden und diese Sichtweise kommt auch in seinen Werken zum Ausdruck. Den zeitgenössischen Kunstkritikern fehlten in Bezug auf seine Kunst die richtigen Worte. Sie beschreiben mit ihren Aussagen seine lebensreformerische Einstellung, für die es damals keine Bezeichnung gab.
Hans Ludwig Linkenbach (1876-1939) bedauert 1928, dass er kein anderes Wort als „bodenständig“ für die Kunst Lippmanns findet, obwohl er weiß, dass diese Formulierung seiner Kunst nicht gerecht wird. Karl Esselborn (1879-1940) schreibt 1930: „Mit tiefer Religiosität hat er [Johannes Lippmann] sich in die Landschaft eingelebt.“
Wie vielen Malern seiner Zeit, erging es Johannes Lippmann. Seine Werke wurden posthum von den Nationalsozialisten für ihre Ideologie vereinnahmt. Dies belegen Zeitungsartikel von 1935 und 1940.
Johannes Lippmanns Werke entstammen, wie geschildert, jedoch einer anderen Zeit. Es ist die Zeit einer Suche, in der alte tradierte Lebensweisen nicht mehr gelten und neue, individuelle gefunden werden müssen in einer sich rasant verändernden Lebenswelt. In dieser Zeit ist Johannes Lippmann seinen Weg gegangen, der ihn von der Stadt Offenbach a. M. auf das Land nach Lichtenberg in den Odenwald geführt hat, an einen Ort, an dem er auf Gleichgesinnte gestoßen ist und unter denen er sich und seiner Malerei treu bleiben konnte.
Geplant:
Nebenstehend das aktuelle Werkverzeichnis als Ergänzung zu dem Ausstellungskatalog
Johannes Lippmann aus dem Jahr 2008.
Besonderheit der Ehren-(Mahn-)tafel von Johannes Lippmann
Der nachfolgende Text steht im Heft:
Die beiden Gemälde des Odenwälder Malers Johannes Lippmann wurden 2005 wieder in den Kirchenraum integriert. Dazu wurden die Gemälde aus Spendengeldern restauriert und gerahmt. Johannes Lippmann schuf mit den Gemälden Frau mit Kind und Soldat zwei flankierende Bilder für das sog. Ehrenmahl. Nach dem Zerteilen der Tafel wurden die seitlichen Gemälde auf dem Boden der Kirche gelagert und verstaubten dort für über 50 Jahre. Immer wieder wurde von Gemeindegliedern nach dem Verbleib der Tafeln gefragt und schließlich ab 2003 danach gesucht.
Der Maler Lippmann kannte das Schicksal des Soldaten, den er porträtierte: Es ist ein Landwirt aus Lichtenberg, der krank aus dem Ersten Weltkrieg zurückkehrte. Ihm gegenüber steht seine Frau den Sohn auf dem Arm haltend. Es ist eine Frau, die zurückbleibt und nun das tägliche Leben ohne Familienoberhaupt meistern muss. Das menschliche Schicksal steht hier im Vordergrund, die Tragödie einer Familie, die sich damals anbahnt. Die Familie bekam nach dem Krieg noch einen weiteren Sohn. Um die Kriegserkrankung des Mannes bezahlen zu können, musste die Frau nach und nach ein Feld nach dem anderen verkaufen. Was blieb, war nichts – der Hof war weg und beide Söhne fielen im Zweiten Weltkrieg. Diese beiden Personen, Mann und Frau mit Kind stehen stellvertretend für die Tragik des Ersten Weltkrieges. Den damaligen Zeitgeist von Käthe Kollwitz und Ernst Barlach greift im Odenwald der Maler Johannes Lippmann in seinem Ehrenmal auf. Er bringt diesen Geist den Menschen im Ort nahe, schafft für die Hinterbliebenen eine Stätte der Erinnerung.
Und diese Erinnerung in der Kirche ist für die Hinterbliebenen von besonderer Bedeutung, da diese Stätte ihnen Trost für das Geschehene gibt und gleichzeitig eine Mahnung für die Lebenden darstellt. Im Rahmen des „Tages des offenen Denkmals“ am 11. September 2005 wurden unter dem Motto „60 Jahre danach“ die Lippmannbilder in einer Gedenkfeier wieder in der Kirche angebracht und zwar in der Nähe der umgesetzten Tafel mit den Gefallenennamen, die nun links des Eingangs beim Herausgehen zu sehen ist.
Literatur: